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Initiative Deutschland-Takt gestartet

In den vergangenen Monaten war in der Bahnpolitik der Börsengang das beherrschende Thema. In den Hintergrund gerieten dadurch wichtige Diskussionen um konzeptionelle Verbesserungen des Bahnverkehrs in Deutschland und um eine effektivere Nutzung von Investitionsmitteln. So wurde außerhalb der Fachwelt kaum wahrgenommen, dass im April 2008 die „Initiative Deutschland-Takt“ gegründet wurde, die die Idee des Integralen Taktfahrplans voranbringen will. Vorbild ist dabei der landesweite Taktfahrplan für alle Verkehrsträger bzw. Verkehrsunternehmen des öffentlichen Verkehrs in der Schweiz.

Taktknoten Erfurt
Bahnknoten Erfurt Hbf. Mit dem Deutschland-Takt könnte das Angebot im öffentlichen Verkehr, ähnlich wie in der Schweiz, deutlich kundenfreundlicher werden. Bisher gibt es den Integralen Taktfahrplan nur in Teilen des Fernverkehrsnetzes und teilweise im Regionalverkehr innerhalb der einzelnen Bundesländer. Foto: Christian Schultz

Bei der gegenwärtigen Diskussion zum Börsengang der Deutschen Bahn AG ist leider viel zu wenig von den unmittelbaren Auswirkungen auf die Bundesbürger sowohl als Steuerzahler wie auch als Kunden der Bahn zu hören. Auch ist nicht erkennbar, wie der Bund als Eigentümer bzw. Teileigentümer der DB die Interessen seiner Bürger künftig wahren will. Es fehlt eine Prioritätensetzung über die rein finanztechnischen Ziele hinaus. Dazu gehören beispielsweise die Klärung der Grunderschließung bzw. die Mobilitätsgarantie für ländliche Räume, aber auch die Berücksichtigung der Umweltpolitik sowohl im Personen- als auch im Güterverkehr. (Zu den Risiken bezüglich des Fernverkehrsangebots siehe SIGNAL 3/2008, „Was wird aus dem DB-Fernverkehr?” )

„Bahn 2000“ in der Schweiz: Schneller, häufiger, direkter und bequemer

Vor allem in der Schweiz ist der Personenverkehr auf der Schiene mit Umsetzung des Konzepts Bahn 2000 bzw. mit der Einführung des Integralen Taktfahrplans seit Jahren besser organisiert als in Deutschland. Alle Landesteile der Schweiz haben von dem neuen Fahrplansystem profitiert.

Nicht überraschen kann deshalb, dass die Bahn dort einen deutlich höheren Zuspruch seitens der Fahrgäste erfährt. Die Bürger der Schweiz sind Europameister im Bahnfahren! So ist z. B. allein das Halbtax- Abo, das Schweizer Pendant zur BahnCard, siebenfach mehr verbreitet. Es wurden für Bahn 2000 gezielt Investitionen in viele Engpässe, Knoten und Bahnhöfe, in mehrgleisige Streckenabschnitte sowie einige wichtige Neubaustreckenabschnitte getätigt. Bei den Neubaustrecken ist jedoch nicht das Geschwindigkeitsmaximum das Ziel, sondern eine optimierte Fahrzeit zwischen den Knoten, so dass gute Anschlüsse bei geringen Wartezeiten erzielt werden.

Mitenthalten in dem Konzept ist auch der Güterverkehr: In den wichtigen Achsen wurden die notwendigen Trassen in den Taktfahrplan ebenfalls eingearbeitet.

Argumente für den Integralen Taktfahrplan

Auch für Deutschland ist der nun u. a. von der Initiative Deutschland-Takt favorisierte Integrale Taktfahrplan aus folgenden Gründen das optimale System:

Der Integrale Taktfahrplan schafft schnelle Verbindungen bzw. eine gleich gute Erschließung aller Regionen durch die Bahn, auch wenn sie nicht mit direkten Zugfahrten erreicht werden können. Er bietet optimale Anschlüsse: Fahrgäste können darauf vertrauen, in den Knotenbahnhöfen immer Anschluss zu haben. Das ist das beste Mittel, um den öffentlichen Verkehr konkurrenzfähiger gegenüber dem flexiblen Individualverkehr zu machen. Dazu gehört in der Schweiz auch die optimale Vernetzung der Angebote zwischen Bahn und Bus. Die Anschlüsse in der einen wie der anderen Richtung funktionieren dabei gleich gut.

Der Integrale Taktfahrplan ermöglicht es, Investitionen in das Schienennetz langfristig zu optimieren. Die zur Verfügung gestellten Investitionsmittel (also Steuergelder!) werden in Abhängigkeit von einem langfristig festgelegten Taktfahrplan für den gezielten Ausbau des Netzes, z. B. für die Kapazitätserweiterung in den Knoten, optimal genutzt.

Eine solche Diskussion wird derzeit nur für einzelne Taktfahrplaninseln in einigen Bundesländern geführt, die einen Integralen Taktfahrplan im Regionalverkehr anbieten oder anstreben. Das Ziel der Initiative Deutschland-Takt geht deutlich darüber hinaus: Es soll eine konsequente Vernetzung der verschiedenen Taktfahrplaninseln erreicht werden – unter Einschluss des Fernverkehrs!

Erfreulich ist in diesem Zusammenhang die politische Unterstützung für die Initiative Deutschland-Takt, so z. B. von Brandenburgs Infrastrukturminister Reinhold Dellmann.

Chancen des Integralen Taktfahrplans nutzen!

Auch in Deutschland sollten die überaus positiven Erfahrungen mit dem Integralen Taktfahrplan in der Schweiz bzw. die daraus resultierenden Chancen für die Kunden endlich genutzt werden. Notwendig ist ein Masterplan mit einer langfristigen und integrierten Planung für alle Schienenverkehre (Koordination bundesweiter und regionaler Planungen), die durchgängige Ausrichtung der Infrastruktur bzw. deren gezielter Ausbau auf den Masterplan und die Vernetzung mit den Busverkehren.

Die Planung des Masterplans sollte sinnvollerweise einzelne Etappenziele beinhalten und regelmäßig fortgeschrieben werden. Hier ist primär der Bund in der Pflicht, die Koordination zu übernehmen und die Bundesländer bei der Entwicklung eines Deutschland- Taktes wirkungsvoll einzubinden.

Weitere Informationen unter www.deutschland-takt.de

Deutscher Bahnkunden-Verband,
Berliner Fahrgastverband IGEB

aus SIGNAL 4/2008 (September 2008), Seite 4

 

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