Regionalverkehr

Fahrräder auch im VBB-Gebiet

Die Bahn nimmt den Rausschmiß der Radfahrer aus den RE-Zügen zurück.

Wer eine Umweltkarte der Verkehrsgemeinschaft Berlin-­Brandenburg (VBB) besaß, konnte damit bisher auch den RegionalExpress von Berlin Hbf nach Fürstenwalde ohne Zuschlag benutzen und zugleich ein Fahrrad mitnehmen, auch dieses - wie bei R-, S- und U-Bahn ohne Zuschlag. Mit der zum Fahrplanwechsel am 28. Mai erfolgten Ausweitung des RegionalExpress-Netzes auf vier Linien (vgl. SIGNAL 3-4/95 ) sollten nun aber "Ergänzungsfahrscheine" für die Benutzer von VBB-­Tickets eingeführt werden: 2,- DM für die Einzelfahrt, ermäßigt 1,- DM. Darüber hinaus sollte bei RE-Fahrten, die nur innerhalb des VBB-Tarifgebietes stattfinden, die Fahrradmitnahme vollkommen ausgeschlossen werden. Dokumentiert ist dies alles in den zum Fahrplanwechsel herausgegebenen DB-­Kursbüchern.

Während der Zuschlag nach heftigen bahninternen Auseinandersetzungen (zunächst) nicht eingeführt wurde, blieb es beim Ausschluß der Fahrradmitnahme. Erst auf Initiative des ADFC Berlin lenkte die Bahn ein. Ende Mai teilte Hans Leister, Leiter des DB-­Regionalbereiches Berlin-Brandenburg mit, daß ab sofort alle Verkaufsstellen in seinem Bereich angewiesen werden, Reisenden mit Fahrrad eine Fahrradkarte für den Nahverkehrsbereich (z.Zt. 4,40 DM) im VBB-Gebiet zu verkaufen und ihnen die Fahrt mit dem Rad in den RegionalExpress-­Zügen zu ermöglichen. Damit wurde die als Fußnote bei allen RE-Fahrplantabellen zu findende Regelung außer Kraft gesetzt, wonach die "Fahrradmitnahme nur von/nach Bahnhöfen außerhalb des Gemeinschaftstarifgebietes der VBB" möglich sei. Außerdem weist die Bahn daraufhin, daß Fahrradkarten für den Nahverkehr an allen Nahverkehrs­automaten über die Eingabe des Zahlencodes 99 erworben werden können.

Bahnhof
Fürstenwalde (Spree) im Sommer 1994, Einfahrt des RE1 nach Berlin Hbf. Seit Ende Mai 1995 sind auf allen RE-­Linien für die Fahrradmitnahme DM 4,40 zu bezahlen. Daraufhin ist die Zahl der Reisenden mit Fahrrad zwischen Berlin und Fürstenwalde deutlich zurückgegangen. Zwar gibt es eine Ausweichmöglichkeit (mit der S3 bis Erkner und weiter mit der RB17), aber diese wird nur von einem Teil der bisherigen Kunden genutzt, vielleicht wegen der deutlich längeren Fahrzeit, vielleicht aber auch nur aus Unkenntnis darüber, daß bei den Regionalbahnzügen innerhalb des VBB-Tarifgebietes weiterhin keine Fahrradkarte gekauft werden muß. Foto: I. Schmidt

Die nun eingeführte Regelung ermöglicht zwar weiterhin die Fahrradmitnahme im RE, aber eben nur noch gegen Zuschlag. Herr Leister begründete die Forderung nach Kauf einer Fahrkarte damit, daß die RE-Linien in erster Linie eingerichtet worden seien, um Fahrgäste, auch mit Fahrrädern, von Berlin schnell in die Regionen zu transportieren und nicht als Verkehrsmittel innerhalb des VBB-Gebietes. Reisende mit Fahrrädem, die über das VBB-Tarifgebiet hinaus fahren wollen, so Leister, müssen sowieso eine Fahrradkarte lösen, ihnen entstehen also keine Mehrkosten.

Der ADFC kann dieser Argumentation zwar folgen, sie aber nicht gutheißen. Die Erfahrungen mit überfüllten Zügen und zurückgelassenen Radfahrem sollten für die DB AG nicht Anlaß zur Ausgrenzung der Radfahrer sein, sondern zur Überprüfung ihres Konzeptes für den zukünftigen neu anzusehaffenden oder zu rekonstruierenden Wagenpark. Der ADFC propagiert hier schon seit längerem die Einrichtung sogenannter Mehrzweckabteile oder -bereiche in allen Wagen, die eine sehr gute Anpassung an die Anforderungen des Berufspendlerverkehrs mit vielen Sitzplätzen wochentags und den Freizeitausflüglem mit viel sperrigem Gepäck sowie Fahrrädern an den Wochenenden ermöglichen würden. Leider haben die Verantwortlichen in Politik und Verwaltung noch nicht die Chancen durch bessere Fahrradmitnahmemöglichkeiten in Bahn und Bus erkannt, obwohl sie den Umweltverbund, derja aus Fußgängern Fahrradfahrern und Benutzern öffentlicher Verkehrsmittel besteht, ständig lautstark als Alternative zum privat genutzten Auto propagieren.

ADFC Landesverband Berlin

aus SIGNAL 5/1995 (Juli 1995), Seite 15

 

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