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Bundesregierung benachteiligt Schienenverkehr

Bei jeder Gelegenheit verkündet die Bundesregierung, den Schienenverkehr fördern und mehr Verkehr von der Straße auf die Schiene bringen zu wollen.

Zug
Eine viel zu hohe Stromsteuer belastet und benachteiligt den umweltfreundlichen elektrischen Schienenverkehr. Foto: Christan Schultz

Ihre Taten sprechen jedoch eine andere Sprache, was sich nicht nur in der „sparsamen“ Zuteilung der Regionalisierungsmittel zeigt, die in einigen Regionen de facto langfristig zu Reduzierungen im Zugangebot führen werden (siehe SIGNAL 5/2015). Auch andere finanzpolitische Stellschrauben bremsen die Wettbewerbsfähigkeit des Schienenverkehrs aus. Hierzu zwei von leider vielen Beispielen.

Infrastrukturkostenbeteiligung

Die Planung, Errichtung und Unterhaltung von Verkehrsinfrastrukturen kosten viel Geld. Dass die Nutzer der Infrastrukturen an den Kosten beteiligt werden, ist legitim. Unverständlich ist nur, wie sich die Kostenbeteiligungen gegensätzlich entwickeln! Während im Schienenverkehr die Trassenpreise (das ist die Maut für Züge) seit 2010 um durchschnittlich 13,1 Prozent gestiegen sind, ist der Basisdurchschnittsmautsatz jährlich gesunken – seit 2010 um insgesamt 15,7 Prozent. Das gab die Allianz pro Schiene unter Berufung auf Zahlen aus dem Geschäftsbericht der Verkehrsinfrastrukturfinanzierungsgesellschaft (VIFG) bekannt. Im Jahr 2010 lag der Basisdurchschnittsmautsatz noch bei 17,42 Cent je Kilometer. Für 2015 wird laut VIFG ein durchschnittlicher Mauterlös von nur noch 14,69 Cent erwartet.

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Entwicklung der Mautsätze für Lkw und Trassenpreise für Züge. Besonders beim Güterverkehr hat die Deutsche Bahn wirtschaftliche Probleme. Neben hausgemachten Ursachen sind es aber vor allem die von der Bundesregierung zu verantwortenden Rahmenbedingungen, die man nur als „schienenfeindlich“ bezeichnen kann. Während die Trassenpreise regelmäßig und über der Inflationsrate angehoben werden, wird es für die Lkw immer preiswerter, auf deutschen Mautstraßen zu fahren. Grafik: Allianz pro Schiene

Hier muss gegengesteuert werden, fordert der Berliner Fahrgastverband IGEB. Die Trassenpreisentwicklung muss gedrosselt und der Preisverfall auf der Straße gestoppt werden. Um die Konkurrenzfähigkeit auch im Personenfernverkehr zu verbessern, ist es insbesondere erforderlich, auch die Fernbusse an den Verkehrsinfrastrukturkosten zu beteiligen und in das Maut-System einzubeziehen!

Teure Energie

Dass die Bundesregierung die Entwicklung und Ausweitung umweltfreundlicher erneuerbarer Energien forciert und fördert, ist löblich. Dass sie dafür aber ausgerechnet den umweltfreundlichsten Verkehrsträger, die Schiene, mit der Finanzierung dieses Zieles am stärksten belastet, ist vollkommen unverständlich. Während einige energieintensive umweltbelastende Industrien nur teilweise von der EEG-Umlage erfasst werden, muss für jeden elektrisch gefahrenden Zugkilometer tief in die Tasche gegriffen werden.

Grafik

Wie eine Zusammenstellung der Allianzpro-Schiene zeigt, ist die die Belastung bei den Energiekosten durch die Stromsteuer für den Schienenverkehr in Deutschland mit 11,42 Euro je Megawattstunde in Europa am zweithöchsten! Nur in Österreich ist mit 15 Euro der Kostenanteil noch höher. Auf Platz drei kommen Polen (4,56) und Estland (4,47), gefolgt von Griechenland mit 2,50 Euro auf Platz vier. In drei Staaten macht die Stromsteuerbelastung auf den Eisenbahn-Fahrstrom ca. 1 Euro, in fünf weiteren allenfalls 50 Cent je Megawattstunde aus. In zwölf Ländern wird für den Schienenverkehr KEINE Stromsteuer erhoben!

Anstatt millionenschwere Steuergeschenke an die Autoindustrie zu verteilen, um die Elektromobilität auf der Straße zu fördern, muss die schon großflächig existierende Elektro-Traktion im Schienenverkehr umfangreich entlastet werden. Das Senken des Streueranteils an den Energiekosten könnte letztendlich auch den Bundesländern bei der Aufrechterhaltung des Schienennahverkehrsangebotes und den Fahrgästen mit geringeren Ticketpreissteigerungen helfen. (BfVst)

Berliner Fahrgastverband IGEB

aus SIGNAL 6/2015 (Dezember 2015/Januar 2016), Seite 23

 

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